Verschiedenheit achten – Gemeinschaft stärken

Konfessionell dialogischer Religions- und Ethikunterricht

Was Lernen bei uns bedeutet 

Unser Projekt trägt den Titel „Verschiedenheit achten — Gemeinschaft stärken, konfessionell dialogischer Religions- und Ethikunterricht“. Unser dialogischer Ansatz nimmt die Schülerinnen und Schüler ernst in ihrem Wunsch eine werteorientierte oder religiöse Identität auszubilden. Der Unterricht ist gleichzeitig Werkstatt, Labor, aber auch „safe space“ für den gemeinsamen Austausch. Er gibt dem Dialog Raum für Bewegung und möglichem Wachstum und lässt auch Differenzen erkennen. Und dies auf der Grundlage des schulischen Curriculums. Die Sichtbarmachung der Differenz lässt die Schülerinnen und Schülern die eigene Positionierung reflektieren und damit neue Schöpfungszonen erschliessen.

Wie solche Schöpfungszonen aussehen können, formulierten unsere Schülerinnen und Schüler im Rahmen unseres Moduls zum Tolerenzbegriff selbst: Sie haben sich selbst einen Brief geschrieben, der die neuen Erkenntnisse und Erfahrungen des Unterrichts zum Thema Toleranz dem eigenen Ich schildert – dem Ich vor der Unterrichtseinheit:

„Liebe N. von vor 3 Monaten,
in den vergangenen Monaten hat sich einiges an meiner Meinung geändert. Zu Beginn hattest du eine andere Vorstellung von Toleranz. Du dachtest, dass Toleranz bedeutet, jemanden zu achten, wie er oder sie ist und so zu respektieren. Über die letzten Monate hinweg hast du allerdings dazu gelernt, dass Toleranz bedeutet etwas hinzunehmen ohne dass man derselben Meinung ist oder dass man eine ganz andere Haltung gegenüber etwas hat. Du hast Toleranz fälschlicherweise mit Akzeptanz verwechselt. Seitdem achtest du mehr in deinem Alltag auf verschiedene Situationen und du versuchst diese einer oder mehreren Konzeptionen von Toleranz zu zuordnen. Auch bemerkst du, dass du hinsichtlich der Toleranz gewisse Grenzen hast, die überschritten werden können.“

„Liebe T.,
damals hast du gedacht, dass Toleranz ist über etwas hinwegzusehen oder etwas durchgehen zu lassen. Oder auch die Dinge bzw. das Verhalten so sein zu lassen, wo es ist, obwohl es mir selbst nicht gefällt oder ich es nicht verstehe. Dies war auch nicht ganz falsch, da zwei Komponenten von Toleranz Akzeptanz und Ablehnung sind. Toleranz ist aber mehr. Toleranz muss aus freien Stücken entstehen, man kann niemanden zur Toleranz zwingen. Wäre sie erzwungen, nennt man das Erdulden, aber nicht Toleranz. Es kommen auch noch die Grenzen hinzu und Toleranz passiert nie alleine, es gibt immer einen zu tolerierenden und den der toleriert wird. Was dir wahrscheinlich auch neu war, dass es verschiedenen Konzeptionen von Toleranz gibt, die auf verschiedenen Situationen abgestimmt sind. All diese Komponenten und Konzeptionen haben mich erkennen lassen, dass Toleranz doch etwas mehr ist als etwas einfach nur zu akzeptieren was man selbst ablehnt.“

„Hallo D.,
vor einigen Wochen war Toleranz für dich eine Einstellung, die in einer bestimmten Situation angewendet wird. Die Einstellung war individuell. Doch heute kannst du Toleranz besser und treffender beschreiben. Du kamst zur Schlussfolgerung, dass Toleranz nicht nur die Grenzen in einer zwischenmenschlichen Beziehung bedeutet, sondern dass es viele Komponenten gibt, die eine individuelle Verschiedenheit ermöglicht. Dabei spielt die Beziehungsebene eine große Rolle. Außerdem gibt es verschiedene Ansätze wie Respekt, Akzeptanz, Duldung oder Erlaubnis. Am wichtigsten für dich war zu erfahren, dass es natürlich auch Verzweigungen zwischen den Ansätzen gibt. Nichts ist nur Schwarz oder Weiß, sondern es gibt eine große Vielfalt.“

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